Gegen die Arbeit -
für das Leben
Aufruf zur
Demonstration am 6. Mai 2003
In
jeder Gesellschaft werden Menschen Häuser bauen, Nahrungs- und Lebensmittel
produzieren. Dagegen zu protestieren, ist natürlich sinnlos. Doch wir meinen,
daß Arbeit nur eine spezielle, geschichtlich entstandene Form ist, wie Menschen
ihre Bedürfnisse befriedigen:
Arbeit
ist eine Tätigkeit, die gegen Geld verrichtet wird.
Arbeit
ist ein vom restlichen Lebenszusammenhang abgespaltener Bereich, der nach
betriebswirtschaftlicher Logik funktioniert.
Arbeit
ist zwingend erforderlich, um Mehrwert zu produzieren und den Kapitalismus am
Laufen zu halten. Arbeit und Kapital sind zwei Seiten einer Medaille
Ziel
des Kapitals und demnach auch der Arbeit ist nicht die Befriedigung
irgendwelcher konkreter Bedürfnisse, sondern die ständige Anhäufung von Geld.
Wir kennen den Spruch zur Genüge: "Es muß sich rechnen." So werden z.B. trotz
Bedarf keine Häuser gebaut, wenn kein Geld da ist, obwohl es Menschen gibt, die
das notwendige Wissen und die Zeit haben, und obwohl reichlich Rohstoffe und
Maschinen zur Verfügung stehen. Arbeit hat also objektiv den Erwerb von Geld zum
Ziel und nicht die Befriedigung konkreter Bedürfnisse. Arbeit und konkrete
Bedürfnisse sind dem Diktat der Finanzierbarkeit unterworfen. Ein Skandal: die
menschliche Existenz muß sich rechnen! Nur wer seine Ware Arbeitskraft verkaufen
kann, darf existieren. Was aber auch heißt, daß, wer seine Arbeitskraft nicht
verkauft, auch nicht existieren kann.
Mit
den Rationalisierungsprozessen im Rahmen der zunehmenden Computerisierung wird
der Verkauf der Ware Arbeitskraft aber immer mehr überflüssig. Das System der
Arbeit gerät in die Krise. Als fatale Folge rennen die Menschen der wenigen
Arbeit nach und tun sie zu den unmöglichsten Bedingungen. Denn je
handgreiflicher diese Krise wird, um so hartnäckiger wird der bedingungslose
Glaube an die Arbeit eingefordert.
Jedes
Kind weiß, daß es nie wieder Vollbeschäftigung geben wird, trotzdem wird diese
Tatsache nicht offen ausgesprochen. Öffentlich werden tolle Konzepte ausgeheckt,
die die Arbeitslosigkeit bekämpfen sollen. Doch diese politischen Konzepte
messen sich von vornherein am Kriterium des Mediums, in dem sich Arbeit
darstellt: im Geld. Jedes noch so gut gewollte Konzept muß vor den Richterstuhl
der Finanzierbarkeit in Demut versinken. Als wenn dies nicht schon Zumutung
genug wäre, kann im Fall einer Nichtfinanzierbarkeit jede Schweinerei
durchgesetzt werden. Hinter vorgehaltener Hand wird selbst von den Vertretern
dieser traurigen, politischen Konzepte zugestanden, daß daran nicht wirklich
geglaubt wird.
Zu
dem System der Heuchelei gesellt sich das System der Repression: Beide vereinen
sich in den Institutionen Arbeitsamt und Sozialamt. Maßnahmen wie PSA ,
Arbeitsleihfirmen, Billiglohn, Ich-AG, sinnlose Fort- und Ausbildungsmaßnahmen
sind nichts weiter als Lügen, um den Zwang der Arbeit aufrecht erhalten zu
können, denn wer glaubt nach der dritten Massnahme noch ernsthaft, je wieder auf
dem ersten Arbeitsmarkt beschäftigt zu werden? Die Schweinerei des
Hartz-Konzeptes ist nur ein weiterer Schritt in Richtung sozialer Apartheid.
Dumpfe
und unterschwellig angsterfüllte Ressentiments machen sich unter denen breit,
die ihre Ware Arbeitskraft noch verkaufen können. Sozialdarwinistisch wird den
Herausgefallenen Schmarotzertum vorgeworfen und zynisch empfohlen, zu arbeiten.
Irgendwie wird nur zu deutlich gespürt, das das Titanic-Boot der Arbeit kleiner
wird und zunehmend weniger Platz zum Rudern ist.
Uns
geht es aber nicht darum, einseitig für diejenigen Partei zu ergreifen, die
keine Arbeit mehr haben. Das System der Arbeit ist nicht nur für die
Ausgeschlossenen eine Zumutung, sondern auch für die Eingeschlossenen. Unter dem
Diktat des Sich-Rechnen-Müssens sind die meisten Tätigkeiten eine einzige
Zumutung. Acht und mehr Stunden täglich dieselben stupiden und nervtötenden
Handlungen wiederholen, das ist die Realität der meisten arbeitenden Menschen.
Und selbst die Wenigen, denen ihr Beruf Spaß macht, werden zugestehen, daß ohne
den Zwang der finanziellen Rentabilität die Tätigkeit vollkommen anders aussehen
würde.
Was
ansteht ist ein Bündnis gegen die Arbeit, ein Bündnis von Arbeitenden und
Nichtarbeitenden, ein Bündnis für die Bedürfnisbefriedigung von Menschen. Es muß
gebrochen werden mit dem Prinzip der Arbeit, mit dem Finanzierbarkeitskriterium,
mit dem Prinzip betriebswirtschaftlicher Effektivität, daß zunehmend Menschen
von ihrer Bedürfnisbefriedigung abschneidet, ihre Existenz gefährdet und viele
Menschen zu sinnlosen Tätigkeiten zwingt. Ein erster Schritt für ein Bündnis
gegen Arbeit wäre eine öffentliche Diskussion, um die Unhaltbarkeit des System
der Arbeit.
Wir
versprechen kein Schlaraffenland, aber wir sind sicher, dass eine Gesellschaft
möglich ist, in der die konkrete Bedürfnisbefriedigung von Menschen im
Mittelpunkt steht und nicht das Geld, denn Kapitalismus ist kein Naturgesetz.
Wenn
es das Prinzip der Arbeit ist, das die menschliche Existenz in Frage stellt,
dann ist es höchste Zeit, das Prinzip der Arbeit in Frage zu stellen.
Gegen die Arbeit -
für die Menschen
Arbeitende und Nichtarbeitende aus
Thüringen
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