“Transparenz ist unsere Pflicht“ (1) – Zum “AMS-Algorithmus“ von unten
Comment
Im Herbst 2018 verlautbarte das Arbeitsmarktservice Österreich (AMS), in Zukunft mittels
eines algorithmen-getriebenen Systems Erwerbsarbeitslose nach ihrer vermeintlichen
„kurz- und langfristigen Integrationschance (IC) in den Arbeitsmarkt“ zu kategorisieren.
Anhand der Kategorien ([H]och oder ‘A‘, [N]iedrig oder ‘C‘, [M]ittig oder ‘B‘) sollte die
Fördermittelzuteilung neu geordnet werden. (1a)

Die Erwartung von Erwerbsarbeitslosen und deren unabhängigen Selbstorganisationen –
aufgrund mehrmaliger Transparenzaussagen der Verantwortlichen in Sozialministerium
(BMASGK) und AMS – umfassend über die Entstehung und konkrete Ausgestaltung
dieses Systems in Kenntnis gesetzt zu werden, erwies sich als illusorisch und falsch. (2)
Deswegen wurde im Frühjahr 2019 von den Erwerbsarbeitslosen-Initiativen (EALIn)
AMSEL und SoNed! die Forderung ‘DISRUPT‘ an BMASGK und AMS formuliert und
übermittelt. (3)
DISRUPT enthielt
– die Forderung nach detaillierten Informationen zur Entscheidungsvorbereitung und -
findung, zu den Design-, Entwicklungs-, Test- und Implementierungsprozessen des
Systems.
– Gleichzeitig wurde die sofortige Außerbetriebsetzung aller in der Zwischenzeit
implementierten “AMS-Algorithmus“-bezogenen Systeme und Subsysteme gefordert.
Auf erneutes Nachfordern wurde vom BMASGK mit einem kaum Neuigkeiten bietenden
Schreiben reagiert. (4)
Entgegen der Transparenzankündigung blieben die erbetenen detaillierten
Informationen weiterhin aus, ebenso die Außerbetriebsetzung der monierten Systeme.
Die EALIn bestärkten daraufhin ihre Forderungen. (5)
Im Herbst 2019 wurden von den EALIn erneut umfassende Informationen über die
Entstehung und konkrete Ausgestaltung des Systems, diesmal auf Basis des
Auskunftspflichtgesetzes, von AMS und BMASGK, angefordert. (6)
Das BMASGK verweigerte die Auskunft komplett. (7)
Das AMS verweigerte die Auskunft in wesentlichen Punkten. (8)

Fazit
Entgegen der weit verbreiteten Ansicht, AMS und BMASGK würden hinsichtlich “AMS-
Algorithmus“ (vorbildlich) transparent agieren, ist die Hauptinteressengruppe
(“KundInnen“) mit einer desinformativen Kommunikationspraxis konfrontiert – nicht nur
auf der Ebene der Einzelpersonen (8a) sondern auch auf der Ebene der unabhängigen
Selbstorganisationen der EALIn.
Die primären Stakeholder werden also systematisch nicht involviert – (nicht nur) für die
Subalternen gilt: Fortschritt in die Vergangenheit. (9)


Ergänzt 18.12.2019
Rekonstruiert 26.02.2020, korrigiert 02.03.2020



(1) AMS-Vorstandsmitglied Johannes Kopf bei einer Podiumsdiskussion in Alpbach am
26.8.2019 (“transparency is our duty“) – https://cba.fro.at/423536 – ca. bei 31:50
(1a) Synthesis Forschung GmbH, Oktober 2018, Konzeptunterlage, „Das AMS-
Arbeitsmarktchancen-Modell“ –
http://www.forschungsnetzwerk.at/downloadpub/arbeitsmarktchancen_methode_%20do
kumentation.pdf

(2) Standards der Öffentlichkeitsbeteiligung, 2008 –
https://www.oeffentlicherdienst.gv.at/verwaltungsinnovation/wettbewerbe/EPSA/Standar
ds_Oeffentlichkeitsbeteiligung_2.pdf

(3) DISRUPT – EALIn fordern das umgehende flächige Rollback der inkriminierten
Software-Module und das umgehende Ende der einspeisenden Datenverarbeitung –
http://www.linkestmk.at/wp-
content/uploads/2019/06/DISRUPT_EALIs_zum_AMS_Algorithmus.pdf

(4) Antwort_BMASGK_auf_DISRUPT_red
(5) Antwort_EALIs_auf_Antwort_BMASGK_18_06_2019
(6) Auskunftsbegehren_Aufforderung_16_09_2019
(7) BMASGK_Bescheid_I_24_20_2019_red
(8) Bescheid_AMSEL und SoNED_19_11_2019_red
(8a) „Es ist derzeit nicht vorgesehen, dass die Beraterinnen und Berater die
Arbeitsmarktchancen Ihren Kundinnen und Kunden proaktiv kommunizieren.“
aus „E-Mail des AMS-Vorstands an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter! vom
19.11.2018“, PDF-Seite 5 - 4. Sitzung – 04_12_2018
(9) „…everyone but an idiot knows that lower classes must be kept poor, or they will
never be industrious.“ – Arthur Young; 1771