Neue Beschäftigungspolitik
Nägel brauchen Köpfe.
Wirtschaft, wie wir sie heute kennen, ist schon ein
Komisches: Alle wissen, wie sie funktioniert („ist ja klar“ und „Geld gibt’s halt
nur begrenzt“ und …) und jedeR sagt ungeniert: Kein
Interesse („ist mir zu kompliziert“). Gestern behaupteten unsre
Entscheidungseliten, bei Wirtschaft könne mensch
nicht lenkend, politisch eingreifen (außer: noch immer Kommunist …), heute
feiern sich dieselben Eliten für ihr erfolgreiches Zutun zu einer sich
erholenden Wirtschaft … „Rahmenbedingungen geschaffen(!)“ … und morgen haben, schon
wieder dieselben, schon wieder keinen Handlungsspielraum, leider … und Globalisierung,
und internationaler Wettbewerb, und alles schon gehört.
Nicht Wirt sondern Herr! …schaft
Fürs Gute gelobt zu werden und fürs Schlechte nichts zu können: Das wurde freilich nicht für den Bereich Wirtschaft erfunden, sondern ist Herrschaftsstrategie – in unseren modernen Zeiten, wo nicht einzelne Personen, sondern Strukturen herrschen ...
[Kurzer Exkurs:] Da Strukturen bekanntlich wie die Geister in der materiellen Welt nichts bewegen können, brauchen wir die Konstruktion der „FunktionsträgerIn“ – und wenn ich von den Eliten und uns, den Herrschenden und Beherrschten, den Reichen und Armen rede, so rede ich NICHT von einzelnen konkreten Menschen! … und FunktionsträgerInnen können mangels konkreter Persönlichkeit gar nichts persönlich nehmen, nicht beleidigt sein, nicht persönlich angegriffen werden. [Kurzer Exkurs Ende.]
Fürs Gute gelobt zu werden und fürs Schlechte nichts zu
können: Ein wahrlich unbeschwertes, risikofreies Leben. Auf der anderen Seite
des gesellschaftlich-sozialen Spektrums sind wir Normalsterblichen, die
Mehrheit, „die Massen“, wenn auch auseinanderdividiert je nach Zweck, Mode und
Anlass. Verlässlich daran zu erkennen, dass sie genau gegenteilig wie die
Eliten beurteilt werden: Also fürs Schlechte (selbst-)verantwortlich, fürs Gute
dankbar sein zu müssen.
Wenn z.B. die
Arbeitslosigkeit steigt, ist höchstens die
Wirtschaftslage, abhängig von äußeren,
unbeeinflussten und -baren Faktoren, schuld. In
jeden Fall aber die einzelnen Arbeitslosen: Ob sie zu faul und/oder dumm für die richtige Bildung oder Arbeit sind:
Die Einzelne soll sich nicht aufs System ausreden (früher: nicht den König beleidigen),
ihr individuelles Schicksal meistern, bitte nicht faul und/oder dumm
sein/bleiben und so weiter und so fort. Ein prekäres Leben in unmündiger
Unsicherheit: Selbst das Wenige, dass dir zugestanden(!) wird, kann morgen noch
weniger werden. Aber gleichzeitig warnen die, die systematisch nicht verlieren
können, vor zuviel Sicherheitsbedürfnis der Menschen, und die, die strukturell immer
auf ihre Kosten kommen, vor zu viel Risikoscheue. [Ausführlicher im
lesenswerten „Kein Mitleid mit dem Pöbel.“ von Laurent Cordonnier. Original: Raisons
d’agir Éditions, Paris 2000.] Sinkt die Arbeitslosigkeit - tatsächlich
oder „nur statistisch“ -, hören die Betroffenen niemals Lob …
Geisterjäger ändern
die Strukturen
Wenn Strukturen - hintergründig verantwortlich gleich
Geistern - Gleichberechtigung verhindern, Herrschaft und Ungleichverteilung
verursachen, dann liegt genau dort der Ansatzpunkt für Veränderungen. Etwa vermehrte,
verbesserte demokratische Mitsprache für sozial Schwache (genauer:
Schwachgemachte) oder Erwerbslose (genauer: Erwerbslosgemachte): bei den
jeweiligen demokratischen Institutionen - Ämter, Parteien, Kammern,
Gewerkschaften etc. -, bei denjenigen, die Gesetze und andere Spielregeln
(mit)gestalten. Die schlechte gesellschaftliche Lage sozial schwacher Menschen
(Randgruppen) in einer reichen Gemeinschaft stellt nicht „die Diskriminierung“
dar, sondern ist bereits deren Ergebnis. Diskriminierung heißt weniger gehört
zu werden als andere: entweder weniger eingebunden sein, weniger „gefragt
werden“, oder weniger ernst genommen zu werden, nicht auf gleicher Augenhöhe zu
stehen. Und bitte: Nur keine Almosen!
[Kurzer Exkurs:] Hier geht’s
übrigens keineswegs um eine (Neu)Gewichtung von Elementen direkter und
indirekter Demokratie, sondern um die Ermöglichung von echter Beteiligung
Betroffener - was ja wohl beide Formen, die direkte und die indirekte
Demokratie, gewährleisten müssen, um den Namen „demokratisch“ zu verdienen. Ein
Repräsentationssystem für Organisierung, Diskussion und repräsentative
Meinungsbildung sowie schließlich (Interessen)Vertretung, ist auch für sozial
schwache Menschen (bzw. einzelne Gruppen á la Erwerbsarbeitsloser) in jedem
Fall gesellschaftlich unersetzbar! [Kurzer Exkurs Ende.]
Schluss mit dem
Immergleichen
Ansatzpunkt geklärt, Umdenken notwendig: Damit künftige (strukturelle) Änderungen in die gewünschte Richtung gehen. Denn was mit fortschrittlich (ev. technokratisch), wohlstandsmehrend (ev. Freihandel), gerecht (ev. leistungsmotivierend), sinnvoll (etwa bei AMS-Maßnahmen) gemeint ist, brauchen wir keiner Minderheit (Eliten) überlassen. Vertrauen in das Entscheidenkönnen und –wollen der Massen vorausgesetzt, gilt es weniger politische Entscheidungen zu treffen, sondern vielmehr diese gleichberechtigt zu ermöglichen. Damit auch das neoliberale Monster besiegt wird:
Der Zuckerguss:
Über das „eigene Schicksal“ (mehr) Mitbestimmen zu können
ist nicht nur Menschenrecht, sondern angeblich auch sehr befriedigend.
wodt
Grazer Stammtisch Erwerbs-Arbeitsloser
Im Vorstand des Österreichweiten Netzwerks
"ArbeitslosensprecherIn"
und Projekt konstruktive
Arbeitslosigkeit
ALG Bezirksrat Graz, Gries
<<zurück zur 1. Seite: HOME>>